
Weißenburg bereitet sich auf die Ankunft der Asylbewerber vor. Kurz vor der Informationsveranstaltung der Stadt über die geplanten Flüchtlingsunterkünfte in Weißenburg meldet sich der katholische Dekan Konrad Bayerle zu Wort. In einem Gastkommentar plädiert Bayerle dafür, Flüchtlinge dauerhaft aufzunehmen: Eine syrische Altenpflegerin täte unserer von Überalterung geprägten Gesellschaft gut. Und ein aus Eritrea stammender Afrikaner, der als Installateur in unser Haus kommt, ebenso, sagt Bayerle. Eine Lösung für das Schleuserproblem sieht er übrigens auch: Im Vatikan überlege man, Flüchtlinge mit Visa des Vatikanstaates auszustatten und ihnen so eine legale Einreise nach Europa zu ermöglichen.
Vertiefen wir unsere Menschlichkeit!
Gastkommentar von Dekan Konrad Bayerle, Bischöfliches Dekanat Weißenburg-Wemding
Weltweit sind über 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Nur ein kleiner Teil davon erreicht Europa und noch weniger von ihnen Deutschland. Die Flüchtlinge, die zu uns kommen, wurden in ihrer Heimat wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung verfolgt oder Terror und Krieg bedrohte ihr Leben. Es gibt aber auch Menschen, die aus großer materieller Not und Hoffnungslosigkeit zu uns kommen. Viele Flüchtlinge geben ihren ganzen Besitz auf und bezahlen sehr viel Geld, um nach Deutschland zu gelangen. Die Fluchtwege sind oft gefährlich. Unzählige haben dabei ihr Leben gelassen.
Deutschland ist für Flüchtlinge ein fremdes Land
All diesen Menschen ist gemeinsam, dass Deutschland für sie ein fremdes Land ist. Die hiesige Kultur ist ihnen nicht vertraut. Sie kommen mit der Hoffnung auf ein besseres Leben und bringen ihre bitteren Erfahrungen von Armut, Verfolgung und Krieg mit. Oft sind sie traumatisiert durch die Erlebnisse in der Heimat oder auf der Flucht.
Menschen, mit denen man nicht gut zurechtkommt, gibt es überall – unter den Flüchtlingen ebenso wie unter uns Einheimischen
Auch bei uns in Weißenburg und Umgebung sind bereits Asylbewerber angekommen. Ihre Zahl ist gegenwärtig noch gering, doch sie wird steigen. Und diese Menschen stehen erst einmal wirtschaftlich vor dem „Nichts“, sind aber oft voller Hoffnung auf eine bessere Lebensperspektive. Sie wünschen sich das, was wir uns auch für unsere Familien und Freunde wünschen: dass die Kinder in den Kindergarten und in die Schule gehen können, die Jugendlichen eine gute Ausbildung machen, die Erwachsenen möglichst bald eine Arbeit finden. Einzelpersonen und Familien sollen möglichst in einer eigenen Wohnung unterkommen und sich gut in unserer Gesellschaft integrieren. In welchem Maße dies gelingt, wird die Zukunft zeigen.
- Im Bistum Eichstätt gibt es bereits viele, die sich für Flüchtlinge mit großem persönlichem Engagement einsetzen: Einzelpersonen und spontane Gruppen, kirchliche Verbände und weltliche Vereine oder die Sozialarbeiter der Caritas. (Bild: Caritasverband Eichstätt)
Mit Geduld, Einfühlungsvermögen und Klarheit einander nähern
Eines ist dabei klar: Reibungslos wird dieser Prozess des Aufnehmens, Annehmens und Integrierens nicht verlaufen. Die kulturellen Unterschiede sind – je nach Herkunftsland der Flüchtlinge – zum Teil sehr groß. Vorurteile, Missverständnisse, manchmal auch Ärger und Enttäuschung wird es wohl auf beiden Seiten geben. Und das nicht nur, weil man meist nicht dieselbe Sprache spricht. Aber Menschen, mit denen man nicht gut zurechtkommt, gibt es überall – unter den Flüchtlingen ebenso wie unter uns Einheimischen. Gerade deswegen gilt es, sich mit Geduld, Einfühlungsvermögen und auch Klarheit einander zu nähern. Je näher man einem Menschen kommt, desto eher kann man ihn verstehen.
Massenkundgebungen gegen ein Zusammenleben mit Menschen anderer Religion und Kultur werden mit Werten des christlichen Abendlandes begründet. Besonders als Christen müssen wir diesen verfehlten Anschauungen das Wort Jesu entgegensetzen
Freundlichkeit, Wohlwollen und Respekt entgegenbriingen
Das Erste und Mindeste, was wir allen Fremden, die zu uns kommen, entgegenbringen können, sind Freundlichkeit, Wohlwollen und Respekt. Leider ist dieser Respekt gegenüber Flüchtlingen in unserer Gesellschaft nicht selbstverständlich. Zunehmende Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte sowie Massenkundgebungen gegen ein Zusammenleben mit Menschen anderer Religion und Kultur schockieren uns in letzter Zeit. Dies umso mehr, als solche Demonstrationen teilweise mit Werten des christlichen Abendlandes begründet werden. Als Mitmenschen, besonders als Christen müssen wir diesen verfehlten Anschauungen das Wort Jesu entgegensetzen: „Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen“ (Mt 25,35). Es macht deutlich, dass wir in den Hilfesuchenden Gott selbst begegnen.
Der Vatikan will den Vorschlag prüfen, Flüchtlingen mit einem Visa des Vatikanstaates eine legale Einreise nach Europa zu ermöglichen.
Vatikanvisa für Flüchtlinge?
In besonderer Weise ermuntert uns Papst Franziskus immer wieder zur Solidarität mit Flüchtlingen. Er selbst geht mit gutem Beispiel voran. Sein Besuch auf der Insel Lampedusa bereits kurz nach seinem Amtsantritt war ein beeindruckendes Zeichen jener Haltung, die Christen auszeichnen sollte, nämlich den Menschen in Not zu helfen. Und der Vatikan versucht, dieser Hilfe auch Taten folgen zu lassen, wie Radio Vatikan am 9. Mai 2015 berichtete: „Der Vatikan will den Vorschlag von vier Priestern prüfen, Flüchtlingen mit einem eigenen Visa des Vatikanstaates eine legale Einreise nach Europa zu ermöglichen. Durch diesen sogenannten ´humanitären Korridor´ wollen sie verhindern, dass sich die Flüchtlinge in die Hände von Schleusern begeben und auf überfüllten Booten die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer antreten. Es sei allerdings schwer, diese Idee zu verwirklichen, sagte der Präsident des päpstlichen Migrantenrates, Kardinal Antonio Maria Vegliò, in einem Interview mit Radio Vatikan. Die Kirche wolle aber alles in ihrer Macht Stehende tun, um zu einer Lösung der Flüchtlingsthematik beizutragen.“
Was wir Flüchtlingen jetzt geben, bekommen wir vielleicht später einmal von ihnen zurück.
- Was wir Flüchtlingen jetzt geben, bekommen wir vielleicht später einmal von ihnen zurück. Eine syrische Altenpflegerin täte unserer von Überalterung geprägten Gesellschaft gut. Und ein aus Eritrea stammender Afrikaner, der als Installateur in unser Haus kommt, ebenso, sagt Bayerle. (Bild: Caritasverband Eichstätt)
Altenpflegerin aus Syrien gegen die Überalterung unser Gesellschaft…
Doch nicht nur die weltkirchliche Seite ist gefragt, auch die nationale Politik. In einer von allen gesellschaftlichen Gruppen getragenen Debatte gilt es in Deutschland und Europa, für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft einzutreten – auch deshalb, weil diese in Zukunft aufgrund ihrer Überalterung vor enormen Problemen steht. Was wir Flüchtlingen jetzt geben, bekommen wir vielleicht später einmal von ihnen zurück. Zum Beispiel, wenn sich in einigen Jahren oder Jahrzehnten einmal in einem Altenheim eine aus Syrien stammende Altenpflegerin um unser Wohl kümmert. Oder wenn ein aus Eritrea stammender Afrikaner als Installateur in unser Haus kommt.
Vielleicht aber können wir von der ersten Begegnung an schon manches von ihrer Lebensart lernen, was uns in unserer extrem leistungsorientierten Gesellschaft immer mehr abhanden zu kommen droht, und was doch zutiefst menschlich ist: Gelassenheit, Vertrauen, Zufriedenheit, Dankbarkeit oder Lebensfreude von innen heraus.
Nicht in Win-Win-Kategorien denken
Freilich sollte man im Blick auf die Flüchtlinge nicht in erster Linie in solchen Win-Win-Kategorien denken. Eine (christlich-)humanitäre Haltung zeichnet sich durch spontane Hilfsbereitschaft und ein hohes Maß an Selbstlosigkeit aus. Im Bistum Eichstätt gibt es bereits viele, die sich für Flüchtlinge mit großem persönlichem Engagement einsetzen: Einzelpersonen und spontane Gruppen, kirchliche Verbände und weltliche Vereine oder die Sozialarbeiter der Caritas. In dezentralen Unterkünften, Gemeinschaftsunterkünften oder Erstaufnahmeeinrichtungen haben zahlreiche Engagierte die Möglichkeit genutzt, den Menschen zu begegnen und ihnen Hilfen anzubieten.
Wenn wir sie an unserem Leben teilhaben lassen, kann Integration gelingen und auch dies uns selbst bereichern.
Setzen wir uns auch im Raum Weißenburg für die Menschen ein, die ihre Heimat verlassen mussten. Wenn wir sie an unserem Leben teilhaben lassen, kann Integration gelingen und auch dies uns selbst bereichern. Wir als katholische Pfarrgemeinde St. Willibald/Weißenburg und als Bischöfliches Dekanat Weißenburg-Wemding sind dazu bereit.
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